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Ist das ne sinnvolle Regel oder kann das weg?!

Warum fällt es meinen Kindern bloß so schwer, meine Regeln zu respektieren? Andere Kinder schaffen das doch schließlich auch. Mache ich etwas falsch? Wollen die Kinder mich bewusst ärgern?“

Auf solche oder ähnliche Gedanken können Eltern schon einmal kommen, wenn sie mit ihren Kindern in einem Machtkampf um aufgestellte Regeln und Grenzen stecken. Das höre ich in meinen Workshops und Beratungen immer wieder.

Kinder müssen in ihrem Alltag unzählige Grenzen, Regeln und Gesetze beachten. Nicht nur zu Hause, auch in der Kita oder Schule, im Straßenverkehr, im Spiel mit Freunden, bei den Großeltern, im Sportverein. Überall wird von ihnen Kooperation verlangt. Das ist auch sinnvoll, damit wir Menschen friedlich und ungefährlich durchs Leben gehen können. Trotzdem halte ich viel davon, zu Hause ein paar Regeln zu überdenken und vielleicht zu lockern oder ganz zu streichen. Das kann unseren Alltag entspannen.

Die Idee: Eltern könnten einmal darüber nachdenken, welche Regeln wirklich wichtig und sinnvoll für sie sind? Das finden sie heraus, wenn sie ihre zu Hause geltenden Gesetze gut begründen können. Ist dies nicht der Fall, könnte es sich um eine Regel handeln, die sich aus dem Umfeld oder aus der Kindheit „eingeschlichen“ hat, die quasi unreflektiert übernommen wurde. Wenn wir aber eine Regel vor uns nicht gut begründen können, wird es schwer fallen, sie durchzusetzen. Das merken Kinder. Sobald sie Spielraum wittern, werden sie die Grenzen austesten oder mit uns diskutieren. Haben Eltern dazu gerade keine Nerven, kommt es schnell zum Streit.

Weiter könnten Eltern sich fragen: Welche Befürchtung steckt hinter der Regel? Oder was möchte ich bei meinem Kind damit erreichen? Und ist das denn auch realistisch?

Ein Beispiel: Wenn mein 3jähriges Kind am Tisch ruhig sitzen bleiben soll bis alle fertig gegessen haben. Was möchte ich erreichen? Soll mein Kind gesellschaftliche Normen einhalten lernen? Möchte ich ihm stilles Sitzen mit Blick auf die Schule schon frühzeitig beibringen? Befürchte ich, dass ich sonst einen „Zappelphilipp“ heranziehe, der mit seiner wilden Art überall anecken wird? Habe ich Ziele und Befürchtungen aufgedeckt, kann ich mir anschauen wie realistisch sie sind. Gesellschaftliche Normen kann ein 3jähriges Kind schon rein kognitiv noch gar nicht nachvollziehen. Dass Kinder in der Schule auch mal still sitzen und arbeiten müssen, lernen sie in der (Vor-)Schule ohnehin. So könnte ich darüber nachdenken, ob das nicht noch früh genug ist?

Stelle ich fest, dass ich diese Vorgabe aus meinem Elternhaus übernommen habe, kann ich mich fragen, wie ich es selbst fand, mich daran halten zu müssen? Was habe ich daraus gelernt? Mache ich das heute noch so? Fühle ich mich dabei wohl? War es sinnvoll, dass meine Eltern mich so früh dazu „erzogen“ haben oder hätte ich es später, vielleicht in der Schule, ohnehin gelernt? Bemerke ich dann, dass diese Regel tatsächlich aus unbegründeten Befürchtungen oder meiner Kindheit stammt, könnte ich mich entschließen, sie zu lockern oder ganz aufzugeben. Ich könnte auch testweise einmal schauen, wie es uns als Familie ohne die Regel geht. Vielleicht macht das Abendessen plötzlich mehr Spaß?! Unsere Kinder müssen sich in ihrem Alltag an so viele Regeln halten, da kann es für alle entspannend sein, ein paar Grenzen fallen zu lassen. Unsere Kinder werden dadurch nicht gleich zu gesellschaftlichen Außenseitern oder tanzen uns dann nur noch auf der Nase herum. Bestimmt nicht!

Kann ich eine Regel vor mir gut begründen (Zähne putzen ist mir wichtig, weil ich Karies verhindern will), ist sie für mich sinnvoll und kann aufrecht erhalten bleiben. Auch wenn das Durchsetzen manchmal trotzdem schwierig ist, werde ich hier vermutlich konsequent bleiben.

Sich an die eigene Nase fassen, denn Kinder achten mehr auf das, was wir tun, als auf das, was wir sagen: Eltern könnten sich weiter fragen: Lebe ich die Regel gut vor oder breche ich sie selbst hin und wieder? Wenn ich selbst öfter Sachen herumliegen lasse oder zum Trödeln neige, kann ich dann von meinen Kindern Ordnung verlangen und dass sie morgens mit dem Anziehen pünktlich fertig sind. Um Regeln durchzusetzen, sollten Eltern ein möglichst gutes Vorbild dafür sein. Fällt es den Eltern selbst schwer, sich nach dieser Regel zu richten, warum lassen sie sie nicht weg? Wenn sie bestehen bleiben soll ist es nur fair, dass sie dann die gleiche Konsequenz erfahren, wie die Kinder. Wenn ich vergesse, die Hände vor dem Essen zu waschen, muss ich genauso noch einmal aufstehen und es nachholen. Mein Sohn hatte neulich die Idee, dass wir ein Bild malen könnten, das uns ans Hände waschen nach der Kita erinnern kann. Das fand ich prima und wir haben es zusammen gemalt. Und seit das Bild hängt, passt er von sich aus auf, dass diese Regel auch wirklich eingehalten wird. Kinder lieben es, wenn sie mit einbezogen werden!!

Verständnis für unkooperatives Verhalten aufbringen: Leider sehen Eltern oft nur die Situationen, in denen die Kinder Regeln nicht einhalten, also nicht kooperieren. Aber die vielen, vielen Situationen, in denen Kinder mitmachen, übersehen sie, weil sie das als „normal“ erachten. Anziehen, Zähne putzen, abwarten, bis die kleine Schwester angezogen ist, sehr kleine Kinder, die uns die Arme hinstrecken, wenn wir ihnen die Jacke anziehen oder uns die Schuhe holen, selbständig frühstücken, usw. Auch in Kita und Schule müssen Kinder den ganzen Tag kooperieren und Regeln beachten. Haben sie nachmittags das Bedürfnis, sich selbst nicht mehr so stark regulieren zu müssen, sobald sie aus Kita oder Schule abgeholt werden, bekommen sie oft Ärger weil sie herumflippen, turnen, laut werden, nicht mehr mitmachen wollen. Dabei geht es uns Erwachsenen manchmal ähnlich. Wir kooperieren während der Arbeit den ganzen Tag, halten vielleicht Dinge aus, die uns nicht passen. Auch wir sind abends erledigt und wollen eigentlich einmal Fünfe gerade sein lassen. Den Blick auf die positiven Situationen richten, in denen die Kinder gut mitmachen, kann helfen, mehr Verständnis für sie aufzubringen, auch wenn sie gerade nicht so „funktionieren“, wie wir es gerne hätten.

Und nicht vergessen, dass es auch schöne Regeln gibt, nämlich unsere Rituale, wie die Gute-Nacht-Geschichte und das Kuscheln am Abend. Diese Regeln können wir in vollen Zügen genießen und davon dürfen wir ruhig viele aufstellen.

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